24.02.2021 - EINZELHANDEL
Kampfansage an die Bundesregierung
Grosse Ketten haben die Nase voll und klagen gegen den Lockdown
Klaus Oberzig
 | | Saturn-Filiale in der Münchner Innenstadt
Bild: Klaus Mueller in Wikipedia, CC BY-SA 2.5
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Im zweiten Lockdown kämpfen nun auch Baumärkte, Elektronikshops und Moderiesen
um das Überleben. Jetzt treten sie zum Kampf an. So treibt die Stuttgarter
Modekette "Breuninger" sechs Hauptverfahren in verschiedenen Bundesländern voran
und auch "S. Oliver" prüft nach eigenen Angaben eine Verfassungsbeschwerde. Aber
auch „Saturn", „OBI" und Co. haben die Nase voll und wollen gegen die
Ladenschließungen klagen, berichtet die Bild-Zeitung am heutigen Dienstag.
Der Tenor der großen Ketten ist dabei eindeutig: sie hätten bald nichts
mehr zu verlieren, also müssten sie handeln. Der ganze Wahnsinn sei eine
politische Entscheidung und die müsse zurückgenommen werden, so ein
Verantwortlicher gegenüber den Medien. Die Wiedereröffnung zielt offenbar auf
den 8 März 2021. Der juristische Druck auf die Bundesregierung steigt damit aktuell
enorm an.
Der Unternehmenschef von S. Oliver erklärte dazu gegenüber den Medien,
er gehe davon aus, dass eine Klage seines Unternehmens eine sehr grundlegende
Begründung und einen vehementen Vortrag haben würde. Durch die politischen Entscheidungen der
Bundesregierung sei das Geschäft von S. Oliver in einem Ausmaß gestört, wie nie
zuvor in den letzen 50 Jahren. Mit einem Verlust von ca. 1 Million pro
Tag haben viele Unternehmen zu kämpfen und S. Oliver stehe damit nicht alleine.
Den Anfang hatte Breuninger mit einem Eilverfahren beim Baden-Württembergischen
Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gemacht. Obwohl er die Öffnung der Geschäfte
nicht erzwingen konnte, blickt der Vorstand optimistisch auf das Hauptverfahren.
Die Argumente würden klar auf der Hand liegen und einen Gleichbehandlung der
unterschiedlichen Betriebe und Geschäftsmodelle sei zwingend. Anders als bei
den Eilverfahren, bei denen eine eher oberflächliche Prüfung stattfinde, ohne
Gutachten oder Gutachter einzuschalten, würden nun die Argumente grundlegender
geprüft.
So hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in seinem
ablehnenden Urteil gegen Breuninger mit dem steigenden Umsatz beim E-Commerce
argumentiert, ohne zu berücksichtigen, dass der E-Commerce die Verluste bei
Weitem noch nicht ausgleichen könne. Auch sei die Notwendigkeit der langen
Zwangsmaßnahme wenig dokumentiert und begründet, was aus Sicht der Einzelhändler
die Chancen steigen lasse, endlich bis zum Bundesverfassungsgericht vordringen
zu können.
Auch wenn diese Schritte längst überfällig waren, erscheinen sie als positives
Signal. Dem destruktiven Kurs der Bundesregierung, die auf Biegen und Brechen
den Mittelstand in Deutschland eliminieren will und sich nur noch große
Geschäftsmodelle nach Art von Amazon, Microsoft und Co. vorstellen kann, muss
Einhalt geboten werden. Vor allem auf weite Teile der Bevölkerung dürfte dies
einen Einfluss haben. Wenn Bürger sehen, dass die Ausrufung der Pandemie lediglich
ein Mittel zum Zweck der polit-ökonomischen Umgestaltung von Wirtschaft und
Gesellschaft ist, bekommt der gesellschaftliche Diskurs eine weitere Belebung.
Es ist nicht allein die Frage nach Erfolg oder Misserfolg der Klagen, es ist
die Vorbildfunktion bekannter Unternehmen, die eine Wirkung erzielen wird.
Mehr im Internet: Lockerungen in Bundesländern, SWR aktuell 24.02.2021 Boris Johnson will Lockdown bis Ende Juni beenden
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